Brecht als Neuer in der Literatur des XX. Jahrhunderts | Статья в журнале «Молодой ученый»

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Рубрика: Филология, лингвистика

Опубликовано в Молодой учёный №23 (209) июнь 2018 г.

Дата публикации: 11.06.2018

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Библиографическое описание:

Воронцова, И. Н. Brecht als Neuer in der Literatur des XX. Jahrhunderts / И. Н. Воронцова. — Текст : непосредственный // Молодой ученый. — 2018. — № 23 (209). — С. 433-435. — URL: https://moluch.ru/archive/209/51346/ (дата обращения: 24.04.2024).



Der Artikel offenbart die Gestalt Brechts als Neuerer in der Literatur des 20. Jahrhunderts, der seine Zeit überholt hat. Die Gedichtformen, die Brecht übernimmt und durch den Gedanken gleichsam von ihnen heraus verwandelt, sind einer weltliterarischen Tradition von den Chinesen, von Villon und Luther bis zu Rimbaud und Wedekind gleichermaßen verpflichtet. Das für Brecht so bezeichnende satirisch-parodistische Sprechen provoziert auch hier das Bewußtsein dazu, kritisch „mit dem Urteil dazuwischen zu kommen“.

Schlüsselwörter: Sprachmeister, Ballade, Bewußtsein,Umgangssprache, Revolutionär, Neuerungen.

Bertolt Brecht steht ganz an der Seite der anderen Dichter Deutschlands. Nach den Worten Feuchtwangers hat dieses Land viele große Sprachmeister. Sprachschöpfer hat es in diesem zwanzigsten Jahrhundert nur einen einzigen: Bertolt Brecht [3, S. 3]

Er war der Mensch, der mit natürlicher Stimme gesprochen hat, der sich an Menschen wendet, der nicht an ihren Instinkt, sondern an ihre Vernunft, nicht an ihr Unterbewußsein, sondern an ihr Bewußtsein appelliert. Er war der Mensch des neuen Jahrhunderts, des neuen Denkens. Mit feinstem Gefühl für Wort und Rhythmus, Anmut und Zartheit, für das wahrhafte Dichterische, hat er sich bemüht, so klar, hell und einfach zu sein, wie die Gesellschaft es zuließ.

Seine Stilkunst besteht von allem darin, die schwierigsten Gedanken in knapper sprachlicher Form darzustellen, mit einem Minimum an sprachlichem Aufwand ein Maximum an Ausdrucks- und Überzeugungskraft zu bewirken: „weniger war mehr, wusste er und verwendete sparsam seine reichen Mittel. So erreichte er eine einzigartige Konzentration des Ausdrucks“ [1, S.286]. Einem chinesischen Theewürzellöwen hat er die Verse gewidmet:

Die Schlechten fürchten deine Klaue.

Die Guten freuen sich deiner Grazie.

Derlei

Hörte ich gern

Von meinem Vers.

Für seine Lyrik war diese Vereinigung von Klaue und Grazie, Kraft und Leichtigkeit, gewichtigem Inhalt und feiner Form charakteristisch. In seiner Lyrik gibt es nichts Dumpfes, Geschwollenes und Rhetorisches, sondern das Schwierigste wird gesagt, als ob es das Einfachste oder Leichteste sei. In ihm, so könnte man sagen, ist die Vernunft zur Dichtung geworden, die reine, strenge, das Wesen der Dinge aufdeckende Vernunft.

Auch die bürgerliche Welt, soweit sie nicht hoffnungslos verlottert ist, hat die dichterische Potenz und Originalität Brechts anerkannt. Aber er war nicht allein in seinem Schaffen. Die frühere Lyrik (Gedichte und Balladen) Brechts sind in ihrer Aufsässigkeit, in ihrer dunklen Wildheit, in ihrem herausfordernden Rebellentum (man muss sich erinnern, dass der junge Brecht eine Haltung von K. Marx einnahm) auch heute noch faszinierend, aber in ihrer Herkunft von Wedekind, Villon, Rimbaud, Kipling und Büchner, sind sie noch nicht einzigartig, noch nicht so neu und unvergleichbar, dass man von ihnen sagen könnte: „Monumentum aere perennius“(„Bronzedenkmal ist dauerhaft und fest“). Zu diesen Meistern aber, die auf seine dichterische Erziehung einwirkten, bekannte er sich, wenn man mit ihm diskutierte. Denen, die mit Brechts Werk nicht vertraut sind, muss dies als eine wunderliche Zusammenstellung erscheinen. Villon, Rimbaud, Verlaine — gut und schön. Aber was tut Kipling in dieser Gesellschaft?

Die Antwort ist, dass er das Element der Umgangssprache lieferte, dasselbe Element, das Villon so anziehend für Brecht machte. R.Kipling schrieb Balladen über Männer der Tat, und das waren die einzigen Menschen, für die B. Brecht sich interessierte. Kipling schrieb in einer volkstümlichen Versform mit einem Rhythmus wie Trommelschläge, und das war genau das, was B. Brecht bewunderte und was er in seiner Lyrik verwirklichte. Kipling war ein Erbauer des britischen Weltreiches, und Brecht befasste sich damit, ein sozialistisches Reich zu erbauen. Mit anderen Worten, zeigte er verkehrte Welt, in der sich geistige Werte in das Gegenteil verwandelt hatten, und er suchte nach einer brauchbaren Form der Dichtung.

Aber es gab hoch einen anderen Gesichtspunkt, der Brecht an Kiplings Werk faszinierte: Kipling hatte es mit einer exotischen Welt zu tun — Indien, Afrika, Amerika. Warum das Exotische? Weil es ihm eine Basis für Parabeln bot. Der Zustand, den man vor der Nase hat, ist zu nahe, zu speziell, um allgemeine Schlussfolgerungen zu gestatten. Aber man setzte den gleichen Vorgang in eine exotische Szenerie, und er wird sich in eine Allegorie verwandeln. Man serviere ihn in eine Sprache, die mit exotischen Ausdrücken gespickt ist, und auch die Sprache wird zur Dienerin der Parabel werden. [7, S. 88]

Es wurde von Brechts Verwandtschaft mit Villon und Kipling gesprochen, von denen er den Gebrauch der volkstümlichen Versform übernahm. Schwieriger ist es, seine Verwandtschaft mit den Symbolisten nachzuweisen, von denen er alles außer ihrem Symbolismus übernahm: Brecht ist immer konkret, niemals preziös. Dennoch ist sein erstes Stück „Baal“, das früher geschrieben, aber nicht früher aufgeführt wurde als „Trommeln in der Nacht“, die in eine deutsche Umgebung verpflanzte Geschichte von Rimbaud und Verlaine. Nahezu alle seine frühen Dichtungen zeigen eine Verwendung von Vokalen und Konsonanten, von Reimen und Reimlosigkeit, die undenkbar ohne die Kenntnis von „Le bateau ivre“, „Les illuminations“ und „Les fleurs du mal“ sind. Dennoch sind sie alle ebenso volkstümlich, ebenso schwer definierbar in ihrer Spracheigentümlichkeit wie sein ganzes übriges Werk: da findet sich keine Spur von einer vorsätzlichen „Veredelung“, um die sich Stefan George in seinen deutschen symbolistischen Gedichten bemühte. [4, S. 112]

Aber es gibt nur einen deutschen Dichter, von dem Brecht etwas von dieser erstaunlichen Ausgewogenheit erworben haben könnte — den jungen Revolutionär Georg Büchner, der ungefähr 100 Jahre vor Brecht „Woyzeck“, „Leonce und Lena“ und „Dantons Tod“ geschrieben hat und 1837 im Alter von 23 Jahren starb. Büchner beeinflusste Brecht in mehr als einer Weise. Brecht bewunderte grenzenlos die älteren Dramatiker. Er war überzeugt, dass Büchner einer der sehr wenigen deutschen Stückschreiber war. Die a) Shakespeare verstanden und b) verstanden, um was es in einem deutschen Stück überhaupt gehen musste,- das alles veranlasste ihn, sich Büchner sowohl im Leben wie in der Kunst zum Vorbild zu nehmen.

Büchner war Arzt, und Brecht wurde einer. Büchner ging von der Medizin zur Naturwissenschaft über, und genauso machte es Brecht. Büchner wurde ein Mann der Tat, und Brecht musste sich in einen solchen verwandeln. Büchner war ein aktiver Revolutionär, und ebenso einer wurde Brecht.

Eine der mitwirkenden Ursachen, warum Brecht aus dem verzogenen Sohn eines bayerischen Industriellen zu einem Rebellen wurde, war bestimmt seine ärztliche Tätigkeit: als er im ersten Weltkrieg Sanitärsoldat in einem Reservelazarett war, begegneten ihm einige der furchtbarsten Fälle von Verstümmlung, die man in ganzem Europa antreffen konnte. Der Eindruck auf sein Gemüt war unauslöschlich. Er sah die nackte Wirklichkeit der brutalen Welt. In seiner Lyrik beschreibt er schreckliche Dinge, an denen das Leben schuldig war. Brecht schuf den „negativen Helden“ — asozialen Randfiguren: Mörder, Gauner, Schieber, Dirnen schlagen sich in einer bösen „asozialen Welt“. Darum kann man ganz gerade behaupten, dass er nicht nur für seine Zeitgenossen modern war, sondern für uns, heutigen Leser, weil die meisten von seinen Sujets den Zeitungen entnommen sind.

Einmal nannte L.Feuchtwanger den jungen Brecht den „überreifen Dichter“, den Dichter des 21. Jahrhunderts, nachdem er sein erstes Werk „Baal“ gelesen hatte. [3, S. 14] Schon dann bemerkte er in diesem jungen Mann einen Rebellen, einen Revolutionär, der alle früher unerschütterte Postulate des 19. Jahrhunderts in der Literatur zerstörte. Es ist kein Zufall, dass schon im Alter von 20 Jahren Brecht sich von dem 19. Jahrhunderts abgegrenzt hatte. Er hat seine Zeit überholt. Er setzte sich mit Goethe und Schiller auseinander. Er schätzte alle schwulstigen Stücke ironisch und kritisch ein. Brecht knüpft zwar vielfach an Tradiertes an. Aber er übernimmt es nicht einfach und führt weiter, sondern bettet das Überlieferte in neue ideelle und gesellschaftliche Zusammenhänge ein. Dabei kommt es zu einem radikalen Bruch mit der Tradition.

Dieses neue Leitbild (das natürlich in großen gesellschaftspolitischen Zusammenhängen gesehen werden muss) bezeichnete in der Tat den Beginn einer literarischkulturellen Gegenbewegung gegen alles Tradiertes, ja gegen alles Bürgerliche in einem weiten Sinn.

Natürlich gab es in diesem breiten Strom der Moderne unterschiedliche, in bestimmter Hinsicht sogar konträre Tendenzen. Gemeinsam ihnen allen war aber die schon genannte Antihaltung gegen alles Überholte sowohl in der Gesellschaft als auch in Kultur und Kunst. Damit verknüpft aber war bei den „Erneuerern“:

– ein neues Verhältnis zur Wirklichkeit, zum wirklich Wirklichen (vielfach auch zu den niederen Schichten der Gesellschaft) — „glotzt nicht so romantisch!“

– die Wieder — Entdeckung des Ich, von Intuition und Emotion,

– (im Zusammenhang damit) eine Neubesinnung auf die Sprache als natürlichem Ausdrucksmittel — das nun aus seinen Fesseln befreit werden sollte;

– das Postulat nach der Autonomie auch eines jeden Kunstwerks (das nicht mehr so sehr in bestimmten Determinationszusammenhängen gesehen werden sollte, sondern als souveränes, autonomes Werk).

Ohne Frage lassen sich alle diese allgemeinen Neuerungen in Brechts Balladen und Gedichten — Die Hauspostille, Songs von Mutter Courage u. a. — nachweisen. Er darf in diesem Sinne zu Recht als Repräsentant dieser „Moderne“, dieser Gegenbewegung gelten. Und sein Stil, seine besondere Variante der „Klassischen Moderne“, der er selbst konstituierte, hat bis in unsere Tage kaum etwas von seiner Attraktivität verloren.

References:

  1. Becher, Johannes (1970): Erinnerungen an Bertolt Brecht, Leipzig.
  2. Borneman, Ernest: Ein Epitaph für Bertolt Brecht, in: Sinn und Form, Beitrage zur Literatur, Zweites Sonderheft Bertolt Brecht, Berlin..
  3. Feuchtwanger, L. (1970): Brecht. Ein Lesebuch für unsere Zeit, Reclam, Leipzig.
  4. Folk, Walter (1980): Stil und Epoche, in: Jahrbuch für Internationale Germanistik 12, Helt 2.
  5. Gysi, Klaus (1958): in: Sturm und Drang, Berlin.
  6. Schuhmann, Klaus (1973):Untersuchungen zur Lyrik Brechts, Berlin-Weimar.
  7. Stein, Ernst: Bürgers Balladendichtung (Bisher unveröffentlicht).


Ключевые слова

Sprachmeister, Ballade, Bewußtsein, Umgangssprache, Revolutionär, Neuerungen
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